17.11.2020 – Standpunkt der SPD Hasselroth zu Trump und der Präsidentschaftswahl 2020

Trump und die Präsidentschaftswahl 2020!

Nach jetzigem Stand scheint Trump nicht weiter der Präsident der USA zu sein. Nachfolger wird der Demokrat Joe Biden. Natürlich stimmt uns dies als Sozialdemokraten positiv. Hinzu kommt, dass Kamala Harris zur ersten Vizepräsidentin der USA wird. Zudem ist sie die erste Vize-Präsidentin mit asiatisch-, afro-amerikansichen Wurzeln. In einer vielfältigen Nation wie der USA ein positives Zeichen. Die US-Wahl, und besonderes die am 3. November 2020, war eine politische Wahl, die uns in Deutschland stark beschäftigt hat. Vier Jahre voller Fehlleistungen und Peinlichkeiten von Donald Trump liegen hinter uns. Wir könnten es uns einfach machen und uns ausschließlich darüber freuen, dass es Biden geworden ist und nicht nochmal vier Jahre Trump kommen. Doch so einfach es nicht – unabhängig von der Frage, ob der 77-jährige Biden wirklich der geeignetste Kandidat der Demokraten für das Präsidentenamt war.

Bei der Wahl 2020 haben Trump insgesamt ca. 72 Millionen amerikanische Wähler*innen die Stimme gegeben. Auch wenn Joe Biden im Popular-Vote ebenfalls die besten Ergebnisse seit jeher eingefahren hat, weit über der ersten Amtszeit von Barack Obama, und über 77 Millionen Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die Frage bleibt: Warum kann ein Mann, der in den letzten vier Jahren Verfehlungen am Stück (und nur mal auszugsweise: Russland-Affäre (Wahlmanipulation), Vorwürfe der sexuellen Belästigung, Ukraine Affäre, fehlende Offenbarung seiner Steuererklärung oder Rassismusvorwürfe, miserabler Umgang mit der Pandemie) nochmals ca. 10 Millionen Stimmen mehr im Vergleich zu 2016 erreichen?

Die Gründe sind vielfältig, auf einige möchten wir näher eingehen. Trump hat schon 2016 die Wahl durch Populismus gewonnen. Es wurden politische Gegner diskreditiert, nicht nur vor der Wahl, sondern auch während der ganzen Amtszeit. (Es folgt eine kleine Literaturempfehlung: A higher Loyality (deutsch: Größer als das Amt) von James Comey, ehemaliger FBI-Direktor, der nach der E-Mail-Affäre von Hillary Clinton im Wahlkampf 2016 nach dem Sieg von Trump entlassen wurde). Eine populistische Social Media Kampagne untermauert dies.
Dass eine Bevölkerung für populistische Äußerungen offen ist, ist nichts neues. Trump hat es jedoch geschafft, einen großen Teil der Bevölkerung mit dramatischen, fehlerhaften oder vereinfachenden Äußerungen (sei es zu Klima, Corona, Wirtschaft, rassistische Attentate) auf seine Seite zu ziehen. Er tritt wie ein Showmaster auf und überzeugt damit Teile der Bevölkerung. Allein seine Twitterposts verdeutlichen dies. Dieses Vorgehen spiegelt sich auch im Wahlkampf 2020 wider.

Die Wirtschaft ist eines der relevanten Themen für die Wahlentscheidung, das hat gerade wieder die Wahl 2020 gezeigt. Die Angst um Arbeitsplätze begegnet Trump mit Abschottung und Protektionismus („Make America great again“) und spielt gegen Joe Biden die „Sozialismus“-Karte – ein Umstand, der ihm auch in Florida den Sieg eingebracht hat (bspw. durch Stimmen von Wähler*innen, die aus Kuba vor dem Sozialismus geflohen sind). Dass Joe Biden der „sozialistische Alptraum“ ist, mag wohl bezweifelt werden – eine reine Behauptung. Hinzu kommt, dass wir ein anderes Verständnis von sozialer Sicherung haben – schon die Krankenversicherung „Obamacare“ löst heftige Kritiken aus, welche aus europäischer Perspektive wenig nachvollziehbar sind.
Die Statistiken sprechen zudem gegen die Aussagen von Trump: Die Realeinkommen steigen höchstens minimal, die Staatsverschuldung nimmt weiterhin zu. Es profitieren immer nur bestimmte Wirtschaftszweige und nicht die gesamte Bevölkerung. Die Arbeitslosenquote ist schon unter Obama erheblich gesunken, unter Trump wieder angestiegen. Der Export stagniert ebenfalls. Der „American Dream“ ist kaum mehr erreichbar. Dass die nationale Abschottung Arbeitsplätze sichert, ist langfristig eine Farce. Viel mehr verliert man an Wettbewerbsfähigkeit, Innovationspotential, Exportgüter. Die Preise für die Verbraucher werden ansteigen.

Kern der Politik Trumps sind Ideologien, die starr verfolgt werden. Es begann mit einer harten Einwanderungspolitik. Feindbilder wurden aufgebaut, Menschen mit anderer Hautfarbe, Herkunft, Religion, Sexualität oder politischer Einstellung wurden als Ursache für Misserfolg oder umgekehrt als Hindernisse für den fortschreitenden Erfolg der USA bewertet oder sind einfach nur unerwünscht.

Und die eigene Partei hat alles geduldet. Gerade weil es auch größtenteils klassischer republikanischer Politik entspricht, die von den Republikanern geduldet wird. Lasche Klimapolitik und Steuersenkungen liegen Ihrem Interesse und damit auch im Interesse der Wähler von Trump. Es könnte lauten: „Trump hat es ja nicht so „schlecht“ gemacht.“ Und das eingefahrene zwei Parteiensystem (wussten Sie, dass auch noch zwei weitere Präsidentschaftskandidaten gab?) fördert eine differenzierte Auseinandersetzung nicht unbedingt. Es existieren Grabsteine mit ähnlichen, wenn gleich auch pointierten Aussagen in die Richtung: „lieber sterbe ich als einen Demokraten zu wählen“.

Auch die Ernennung von Richtern verbessert das Standing von Trump bei seinen Wählern. Der Supreme Court (Oberstes Verfassungsgericht) hat in den USA eine herausragende Stellung und die Richterbesetzung ist ein wichtiger Aspekt – auch in der Bevölkerung. Die Richterstellen dort werden lebenslang besetzt. Derzeit stehen wichtige Verfahren an (Obama-Care, Abtreibungsverbote). In seiner Amtszeit konnte Trump drei Richterstellen besetzen und hat damit eine konservative Mehrheit im Supreme Court auf lange Zeit gesichert. Aber auch im unteren Instanzenzug hat Trump über 200 weitere Bundesrichter ernannt, die zusammen circa 25 Prozent der aktiven Bundesrichter ausmachen. Eine konservative Justiz ist somit manifestiert.

Schließlich bleibt die erhebliche Differenzierung zwischen Land und Stadt. Das haben die Wahlergebnisse nun wieder gezeigt, die ländlichen Regionen sind vorwiegend rot, während in den Städten und stadtnahen Bereichen die Demokraten mit Abstand gewonnen haben. Stadt und Land entfremden voneinander, die Lebensverhältnisse unterscheiden sich immer mehr. Auch ein Problem, das nur gesamtheitlich zu lösen ist, die Offenheit für einfache, populistische Lösungen jedoch „menschlich“ erscheinen lässt.

Aber auch die Vorwürfe Trumps gegen die Wahl und Wahlbetrug sind für einen wahren Demokraten unerschütterlich. Schon vor der Wahl hat er – ohne Beweise – mächtig gegen die Briefwahl „gehetzt“. Dass vornehmlich Biden-Wähler diese jedoch genutzt haben, um nicht in den Corona-Zeiten in das Wahllokal zu gehen, ist kein Betrug, sondern einfach nur nachvollziehbar. Dass die Briefwahlstimmen auch auszuzählen sind, wird wohl keiner ernsthaft bezweifeln können. Nicht irgendein Auszählungszeitpunkt ist für das Wahlergebnis relevant, sondern nachdem alle Stimmen ausgezählt wurden.
Und auch schon zu Zeiten des Amtsenthebungsverfahrens war es die Strategie Trumps, dessen Legitimation zu bestreiten. Doch Trump hielt im Stand, da der Senat über die Amtsenthebung entschied – und er dort den Rückhalt der Republikaner hatte. Auch jetzt gibt es wenige Republikaner, die das Verhalten Trumps im Zusammenhang mit der Wahl öffentlich kritisieren. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, stützte noch das Vorgehen von Präsident Trump wegen Wahlbetrugs – ohne Beweise zu haben. Ein systemisches Problem des ohnehin schon problematischen Zwei-Parteien-Systems. Und wie sich erwartbar zeigt, gibt es keine Anhaltspunkte für einen Wahlbetrug.

Das Land steht vor vielen Problemen, die angegangen werden müssen. Ganz entscheidend ist dabei, Vertrauen zu gewinnen und Ideologien aufzubrechen – durch Bildung, Rücksichtnahme und Sachlichkeit.

Auch wenn die USA weit weg erscheint, ist diese Gefahr auch in Europa angekommen. Autokratische und populistische Machthaber kennen wir in Polen und Ungarn ebenfalls. Die AfD ist in Deutschland auf der gleichen Schiene unterwegs. Bezeichnend ist dafür die Aussage des ehemaligen Sprechers der AfD-Fraktion im Bundestag, Christian Lüth: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD […]. Wenn jetzt alles gut laufen würde […], dann wäre die AfD bei drei Prozent“. Auch in Deutschland begeistert Trump einige Mitbürger*innen. Wir müssen Acht geben und weg von Ideologisierungen und Populismus, hin zur sachlichen Auseinandersetzung mit Problemen, ohne dabei Ängste und Feindbilder zu schüren. Und demokratische und rechtstaatliche Strukturen müssen gewahrt werden. Rücksichtnahme und Dialog auf sachlicher Ebene sind Teile der Demokratie, für die wir alle jeden Tag eintreten müssen.